Avatar (Regie, Drehbuch, Produktion: James Cameron) ist eine Reise der Selbstfindung im Kontext des Kolonialismus und der Tiefenökologie – verpackt in ein fesselndes Sci-Fi-Action-Abenteuer. Der Film verbindet Live-Action mit computergenerierten Charakteren und Live-Umgebungen und entsteht mit Hilfe bahnbrechender stereoskopischer Motion-Capture-Verfahren. In den Hauptrollen spielen Sam Worthington, Zoe Saldana, Stephen Lang, Michelle Rodriguez, Giovanni Ribisi und Sigourney Weaver.
Die Entwicklung von Avatar beginnt im Jahr 1994, als Cameron einen 80-seitigen Entwurf schreibt. Die Dreharbeiten sollen nach Fertigstellung von Camerons Titanic (1997) beginnen, mit dem Ziel einer Veröffentlichung im Jahr 1999, doch Cameron stellt fest, dass die Technologie noch nicht ausgereift genug ist. Cameron konzentriert sich stattdessen darauf, Dokumentarfilme zu drehen und die Technologie in den nächsten Jahren zu verfeinern. Als er Gollum in The Lord of the Rings – The Two Towers (2002) sieht, ist Cameron davon überzeugt, dass CGI-Effekte ausreichend fortgeschritten sind.
20th Century Fox zahlt Cameron einen Vorschuss von 10 Millionen Dollar zur Produktion eines Proof-of-Concept-Clips für Avatar, den er 2005 der Fox-Führungsetage vorstellt. Währenddessen arbeitet Cameron weiter am Drehbuch und entwickelt eine Kultur für die Außerirdischen des Films, die Na’vi, die auf dem Mond Pandora leben (ihre Sprache wird von Dr. Paul Frommer, Sprachwissenschaftler an der USC, entwickelt). Für das Produktionsdesign gehen mehrere Jahre ins Land, mit zwei verschiedenen Designern und zwei separaten Ausstattungs-Teams. Stan Winston, der bereits in der Vergangenheit für Cameron tätig war, unterstützt ihn bei der Kreation verschiedener Lebensformen auf Pandora.
Die Dreharbeiten beginnen im Jahr 2007, mit Einsatz von Camerons Digital 3-D-Fusion Camera System, mit dem sich Motion-Capture-Aufnahmen auf neue Weise drehen lassen (der Regisseur kann die Filmeinstellungen in Echtzeit ändern, während er die virtuellen Abbilder seiner Darsteller in ihrer digitalen Umgebung sieht). Weta Digital erstellt die visuellen Effekte für den Film, gemeinsam mit dem ILM-Team, das an der Umsetzung der eindrucksvollen Schlachtszenen mitwirkt.
Cameron ermöglicht Steven Spielberg und Peter Jackson, seine neue Technologie zu testen. Spielberg beschreibt sie als: “digital makeup, not augmented animation … Motion capture brings the director back to a kind of intimacy that actors and directors only know when they’re working in live theater.” Jackson und Spielberg werden die Technologie für ihren Film The Adventures of Tintin (2011) nutzen.
Cameron zufolge kritisiert sein Film implizit die Rolle der USA im Irak-Krieg und mechanisierte Kriegsführung im Allgemeinen: “We know what it feels like to launch the missiles. We don’t know what it feels like for them to land on our home soil, not in America.” Nicht zufällig erinnert der Raketenangriff auf den hochragenden Hometree der Na’vi an die Zerstörung des World Trade Center am 11. September 2001.
In seiner dritten Zusammenarbeit mit Cameron komponiert James Horner einen brillanten Score – ergänzt durch einen Chor, der in der Sprache der Na’vi singt. Laut Horner war Avatar “the most difficult film I have worked on and the biggest job I have undertaken.“ Die Britin Leona Lewis singt den Titelsong „I See You“ und wird dafür als “Celine Dion clone singing in Na’vi” kritisiert.
Vor der Veröffentlichung von Avatar progonstizieren diverse Kritiker und Fangemeinden einen kolossalen Fehlschlag an der Kinokasse. Die Einwände reichen vom gigantischen Budget (237 Millionen Dollar oder mehr) bis zum Auftritt der dreidimensionalen „blue cat people“.
Vielleicht wegen dieser Vorab-Häme lädt James Cameron seinen Regiekollegen Steven Spielberg kurz vor der Fertigstellung zu einer privaten Vorführung ein. Spielberg ist begeistert und lässt über den Film verkünden:
“The most evocative and amazing science-fiction movie since Star Wars”.
Avatar erlebt seine Premiere am 10. Dezember 2009 in London und erhält positive Rezensionen. Roger Ebert nennt den Film „extraordinary“ und gibt ihm die Höchstwertung. Er schreibt: „Watching Avatar, I felt sort of the same as when I saw Star Wars in 1977″. Wie Star Wars und The Lord of the Rings verwende der Film „a new generation of special effects“ und sei dennoch „not simply a sensational entertainment, although it is that. It’s a technical breakthrough. It has a flat-out Green and anti-war message.“
Der Film bricht bald mehrere Kassenrekorde und erzielt schließlich weltweite Einnahmen von 2,78 Milliarden Dollar. Avatar zieht damit an Camerons Titanic (1997) vorbei und ist zu jenem Zeitpunkt der Film mit den höchsten Einnahmen aller Zeiten (nicht Inflations-bereinigt). Bei den Academy Awards wird Avatar für neun Oscars nominiert, u.a. in den Kategorien Bester Film und Beste Regie und gewinnt drei: für die Beste Ausstattung, die Beste Kamera und Beste visuelle Effekte.
Cameron nennt als Inspiration für seinen Film „every single science fiction book I read as a kid“ und räumt ein, dass Avatar seine Themen mit Filmen teilt wie z.B. Dances With Wolves (1990), At Play in the Fields of the Lord (1991) sowie Princess Mononoke (1997) – die sich alle mit dem Zusammenprall zwischen Kulturen und Zivilisationen befassen. Cameron zufolge kam ihm die Idee für Avatar, nachdem er Disneys Animationsfilm Pocahontas (1995) sah. Nicht zuletzt wegen dieser Reihe an Vorbildern wird Avatar nicht in der Kategorie Bestes Drehbuch nominiert.
Nach dem großen Erfolg des Films unterzeichnet Cameron einen Vertrag mit 20th Century Fox, der die Produktion von drei Fortsetzungen beinhaltet, alle unter der Regie von James Cameron (sowie der Beteiligung am Drehbuch).
Der Themenpark Pandora – The World of Avatar entsteht auf dem Gelände von Disneys Animal Kingdom in Florida.