1987: Empire of the Sun (Das Reich der Sonne, R: Steven Spielberg)

Empire of the Sun: Spielbergs Verfilmung von J. G. Ballards semiautobiografischem Roman wird von einer großartigen Schauspielerriege getragen, darunter Christian Bale als 11-jähriger Jamie „Jim“ Graham und John Malkovich als sein „Ersatzvater“ Basie.

In der Folge des Angriffs der Japaner Shanghai im Jahre 1937 wird Jim von seinen wohlhabenden Eltern getrennt und gerät in Kriegsgefangenschaft. Als Vorstudie zu seinem Meisterwerk Schindler’s List (1993) befasst sich Spielberg hier bereits mit Themen wie Krieg, Rassismus und Gefangenschaft. Jim durchlebt die Folgen eines Gedankenguts, das auf Klassen- und Rassenunterschieden beruht und muss nun hinter dem Stacheldraht des Lagers um sein nacktes Überleben kämpfen.

Hatte Spielberg in Filmen wie Close Encounters und E.T. the Extra-Terrestrial die kindliche Unvoreingenommenheit gefeiert, so reizt ihn am Stoff von Empire of the Sun das glatte Gegenteil: “the idea that this was a death of innocence, not an attenuation of childhood, which by my own admission and everybody’s impression of me is what my life has been. This was the opposite of Peter Pan.

Tom Stoppard schreibt das symbolträchtige Drehbuch, und Kameramann Allen Daviau liefert dazu eine zugleich betörende und verstörende Bildwelt. Nach einem Jahr Verhandlungen genehmigt die Chinesische Regierung einen dreiwöchigen Dreh in Shanghai – es sind an diesem Ort die ersten Dreharbeiten für einen amerikanischen Film seit den 40er Jahren.

Ursprünglich fühlt sich Spielberg noch nicht in der Lage, die Herausforderung anzunehmen und plant, den Film zu produzieren – mit David Lean als Regisseur. Doch der lehnt das Angebot ab, da er keinen Zugang zum Roman findet.

Als Spielberg schließlich die Regie übernimmt, bietet er auch dem damals unbekannten Mark Rylance eine Rolle an. Rylance erinnert sich: “I took the part and then backed out. […] It wasn’t because of him. I was offered something in the theatre I wanted to do more.” Fast dreißig Jahre später werden sie dreimal zusammenarbeiten: in Bridge of Spies (2015), The BFG (2016) und Ready Player One (2018).

Empire of the Sun trifft auf ein gespaltenes Echo bei Kritikern und Zuschauern, die (1) in den allermeisten Fällen den Roman nicht gelesen haben, (2) etwas in der Richtung der bisherigen Blockbuster-Filme erwartet haben, (3) von der komplexen Story und ihrem Subtext schlicht überfordert sind.

Richard Corliss (TIME) stellt in seiner positiven Kritik fest: Spielberg “has met the demands of the epic form with a mature spirit and wizardly technique. Spielberg has dreamed of flying before, and this time he earns his wings.”

Der Film kostet 35 Millionen Dollar und nimmt weltweit 66,7 Millionen Dollar ein – für Spielberg-Verhältnisse eine Enttäuschung.

Empire of the Sun bleibt bis heute einer der am meisten unterschätzten Spielberg-Filme.

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Den kreativen Prozess bei der Übersetzung des Romans in das Drehbuch und den Film betrachten wir in unserem Buch Steven Spielberg – Tiefenscharfe Analysen.

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